Eltern im Übergang begleiten

Wann ist der richtige Zeitpunkt, die Eltern einzuladen, fragen sie sich. Und: Sollen die Einladungen zum Elterntreffen schon in den Sommerferien raus? Die Atmosphäre wirkt konzentriert und zugleich entspannt. Es ist der letzte Tag der familY-Ausbildung, die 16 Fachkräfte aus Kitas und Grundschule durchlaufen haben. Die Teilnehmenden aus den Kleingruppen kennen sich, sie arbeiten bereits vor Ort in ihrem Stadtteil oder in ihrer Gemeinde zusammen, häufig sind es zwei oder drei Kitas und eine Grundschule. Kita & Co hat sie zusammengebracht, die Kooperationen zwischen den Fachkräften sind Teil des Programms.

Im vergangenen Jahr schloss Kita & Co einen Kooperationsvertrag mit Education Y (vormals Buddy), einem bundesweit aktivem Bildungsprojekt, das auch das familY-Programm im Gepäck hat. Bis 2018 läuft die Zusammenarbeit mit Kita & Co. Im Herbst diesen Jahres startet nochmals eine Gruppe von Fachkräften aus Kitas und Grundschulen eine Ausbildung als familY-Begleiter.

Während die Kleingruppen fleißig arbeiten, ordnet Michael Kostrzebski die Karten an der Pinnwand. Sie sind das Ergebnis einer gemeinsamen Diskussion am Morgen. In sechs Blöcken von jeweils zwei Tagen haben die Fachkräfte mit dem Bildungsreferenten gearbeitet. Sie sind dabei von blau über gelb nach grün gewandert. Die Farben nutzt das familY-Programm, um das Leben eines Kindes ab 5 Jahren einzuteilen: Die blauen Phase ist Kita-Zeit, die gelbe zeigt die des Übergangs zur Schule und die grüne macht deutlich, dass das Kind in der Schule angekommen ist. Die Entwicklung des Kindes gibt den Takt vor, im Fokus stehen aber die Eltern. „Gutes Feedback motiviert“ oder „Wir begleiten beim Lernen“ lauten Überschriften in der grünen Phase, in der die Ausbildung nun angekommen ist.

„Die Ausbildung dient dazu, Erzieherinnen und Lehrende einen mit hilfreichen Instrumenten versehenen Koffer mitzugeben, wie sie mit den Eltern gut zusammenarbeiten können“, sagt Michael Kostrzebski, der bevor er Bildungsreferent wurde selbst als Sonderpädagoge gearbeitet hat.

Beim familY-Programm ist dieser Koffer eine weiße Umhängetasche. Darin enthalten ist ein umfangreiches Handbuch mit vielen Informationen und Anregungen. Mit den Blöcken und Materialien ist die Ausbildung aber noch nicht zu Ende. Das Erlernte will auch praktisch umgesetzt sein. Und so stehen noch einige Elterntreffen aus. Die künftigen familY-Begleiter organisieren und leiten diese in ihren Einrichtungen. Bis Ende November sollen alle zwölf Treffen gelaufen sein. Und dann wird ihnen auch ganz offiziell das Zertifikat als familY-Begleiter überreicht.

Diese Treffen begleiten die Eltern, deren Kinder im Übergang zwischen Kindertagesstätte und Schule sind. Elternabende sind üblich an Kitas und Grundschulen. Und Kita & Co hat längst etabliert, dass Erzieherinnen und Lehrende der Grundschule in dieser Phase Hand in Hand arbeiten und wo möglich gemeinsam auftreten. Durch ihre Ausbildung bekommen die Fachkräfte noch mehr Inhalte und systematisieren ihre Arbeit mit den Eltern. „Der Übergang zwischen Kita und Grundschule löst bei vielen Eltern Ängste und Sorgen aus“, sagt Michael Kostrzebski, „die können wir durch eine gute Begleitung erheblich abbauen“.

Bei solchen Elterntreffen geht es wiederum von blau über gelb nach grün. So bringen die Eltern beispielsweise Fotos von ihren Kindern mit. Matt oder hochglänzend auf dem Boden im Stuhlkreis dösen abgebildete Kinder im Säuglingsalter, spielen im Wohnzimmer oder toben auf dem Spielplatz. Die Fotos zeigen das Kind als Säugling, als Drei- und als Fünfjähriger. Seine Entwicklung wird augenscheinlich. „Unsere Frage lautet dann: Was hat Ihr Kind schon alles gelernt“, sagt Michael Kostrzebski. Niemals geht es um Defizite, um das was fehlt, sondern darum, welche Fähigkeiten ein Kind schon hat. „Wir arbeiten dabei viel mit Visualisierungen“, merkt der Referent an. Fragen wie: „Wie fühlt es sich an, dass ihr Kind bald in die Schule geht“, geben den Eltern Raum, sich mitzuteilen und auszutauschen. Die einzelnen Treffen werden immer aus einem Tandem heraus geleitet, einer Kita-Fachkraft und einem Lehrenden.

Was das familY-Programm damit vermittelt, ist eine positive Haltung, die auf die Ressourcen beim Kind schaut. Ängste und Sorgen werden aber nicht vom Tisch gewischt, sondern geteilt und durch Erfahrungen der anderen Eltern besser verarbeitbar. „Wir haben keine Wahrheiten sondern agieren auf Augenhöhe“, sagt Michael Kostrzebski, „wir urteilen nicht und schreiben nicht vor, die Begleiter machen den Eltern Angebote“.

Auch die Förderschule Johannes Falk Haus nimmt mit zwei Lehrkräften teil. „Wir können hier vieles mitnehmen und sehen uns zugleich in dem bestätigt, was wir in der Elternarbeit schon praktizieren“, sagt die Lehrerin Andrea Buhr. In der Arbeit mit Eltern von Kindern mit Behinderung stünden die Ressourcen im Vordergrund und eben nicht die Behinderungen.

Pascal Krüger wiederum ist der einzige männliche Teilnehmer an der Ausbildung. Er leitet im Kindergarten Regenbogen in Holsen zwar keine Gruppe, hat aber viele Elternkontakte zwischen Tür und Angel. „Im Rahmen der Ausbildung nehme ich jetzt auch an Elterntreffen teil und es sind erstaunlich viele männliche Elternteile dabei“, sagt er und vermutet, dass das mit seiner Anwesenheit zu tun hat – männliche Erzieher sind immer noch eine seltene Spezies. Und er hat beobachtet, dass Männer und Frauen anders auf ihre Kinder schauen. Wie die Unterschiede der Geschlechter angepackt werden können, weiß er noch nicht. „Vielleicht wäre eine Männer-Elterngruppe mal ganz spannend“.

„Wir knüpfen hier im Kreis Herford an ein stark vorhandenes Netz aa“, sagt Michael Kostrzebski und meint damit Kita & Co. „Die Ausbildung kommt gut an, damit erweitern wir unsere Angebote in der Elternarbeit“, freut sich Lucia Lelie, Projektleiterin von Kita & Co.