„Erst machen wir sieben Schritte nach rechts, und beim achten zeigen wir unseren schönen Schuh“, ruft Bettina Riedel in den Sitzungssaal. In den Räumen, in denen normalerweise Politiker entscheiden oder sich in ihren Fraktionen beraten, ist an diesem Samstag alles anders. Stühle und Tische sind zur Seite geschoben, die sechste Lernparty von Kita & Co läuft. 90 Fachkräfte aus den 71 Kindertagesstätten und Grundschulen im Kreis Herford, die an Kita & Co beteiligt sind, verändern das Haus in einen Ort des Lernens und der Begegnung.
Im Mittelpunkt stehen fünf Fachforen
„In den Foren, aber auch drumherum, lernen sich die Fachkräfte kennen und tauschen sich aus“, erklärt Christina Altenbernd, die Kita & Co gemeinsam mit Gisela Schimanski leitet, „zudem wollen wir die Fachkräfte ein bisschen verwöhnen“. Mittags ein großes Büffet, nachmittags eine süße Überraschung, das gehört zur Tradition der seit 2005 jährlich stattfindenden Kita & Co-Lernparties.
Während auf dem Flur dampfende Gulasch- und Kürbiskernsuppen in Stellung gebracht werden, rinnt im Sitzungssaal nebenan der Schweiß. Bettina Riedel ist Kindertanz-lehrerin und weiß, wie sie die Erzieherinnen und Lehrerinnen in Schwung bringen kann: Gangnam-Style, ein angesagter Tanzstil, der ursprünglich aus Südkorea kommt, gehört genauso dazu wie große Bewegungen zu dem Beat von Michael Jackson und den Klängen einer ganzen Reihe schwungvoller Kinderlieder. Die sieben Schritte nach rechts gehören zum Prinzessinnen-Tanz, den Takt gibt dabei Kinderlieder-Sänger Volker Rosin mit seiner Stimme aus dem CD-Spieler vor.
Bettina Riedel übt mit den Fachkräften die Tänze ein und spricht zwischendrin darüber, wie sie mit Drei- bis Neunjährigen funktionieren. Gleiches geschieht eine Tür weiter im Workshop zur Gehirngymnastik mit der Kinesiologin Kirsten Notman. In dem Moment, an dem die Fachkräfte dort Punkte an ihrem Körper entdecken, die entspannen, arbeiten sie daran, wie sie die Erfahrungen in die Arbeit mit den Kindern übertragen können.
Anja Gerke lässt in ihrem Fachforum zur Wahrnehmung die Fachkräfte über eine bunte Schnur auf dem Boden balancieren, steigert dies dann, in dem sie dazu auffordert, dabei die Augen zu schließen und endet damit, dass alle beim balancieren ein kleines Säckchen auf dem Kopf tragen. Eine Übung, die das Gleichgewicht schult. „Für die Kinder ist es gut, eine solche Aufgabe mit einer Geschichte zu verbinden. Die Mädchen sind dann Seiltänzerinnen und die Jungs balancieren auf einem Steg“, sagt Anja Gerke.
Die Lernparties sind ein großer Erfolg
Sechs Tage sind in sechs Jahren inzwischen zusammengekommen mit insgesamt 800 Fachkräften aus dem Kreis Herford, und das immer an einem Samstag. „Der Samstag ist für alle der sechste Arbeitstag. Viele nehmen sogar in ihrer Freizeit teil, sie können sich die Stunden nicht anrechnen“, betont Gisela Schimanski. Die Fachkräfte kommen, weil sie neue Ideen aus den Fachforen mitnehmen, die ganz unterschiedliche Bildungsbereiche abbilden. Und weil sie sich wohlfühlen.
Im Fachforum „Ich staune in mich selbst hinein“ bauen zwei Gruppen begeistert an Körpern. Das hat nichts gruseliges, sondern geschieht kostengünstig und ungefährlich mit alltäglichen Materialien wie Klopapierrollen, Fahrradschläuchen und zunächst mit ausgeschnitten und aufgeklebten Fotokopien auf Packpapier. Bild vom Fachforum – Ich staune in mich selbst hinein
Die Erwachsenen lernen dabei an sich selbst, wie ein Körper aufgebaut ist. Bevor sie Rippen aus Draht biegen, tasten sie an sich ab, wie viele es sind und wo sie liegen. „Das ist auch das Prinzip, nach dem Kinder handeln: Sie ertasten sich die Welt und bauen sie nach“, erläutert Workshopleiter Michael Fink. Ein Prinzip, das für Kita & Co insgesamt wichtig ist. „Wir wollen Fachkräfte und letzlich die Kinder in ihrer Neugierde unterstützen. Wir wollen Methoden aufzeigen, mit denen die Kinder entdecken und ausprobieren können“, sagt Gisela Schimanski.
Reflektion gehört auch zur Lernparty
In einem Workshop, der sich an die Leitungen der Kitas und Grundschulen richtet, wird sie besonders groß geschrieben. Dort vermittelt die Coacherin Tanja Bastian, was ein niedriger und ein hoher Status ausmacht, welche Verhaltensweisen und Körperhaltungen damit verbunden sind. Nur wer sich über sein eigenes Auftreten bewusst ist, kann es verändern und menschlich führen.
Kita & Co ist ein Projekt des Kreises Herford und der Herforder Carina Stiftung. 2005 gestartet, befindet es sich in der dritten Projektphase, die noch bis 2014 dauert. Gestartet mit 32 Einrichtungen, machen inzwischen 71 Grundschulen und Kitas aus allen Städten und Gemeinden des Kreises mit. Kita & Co fördert die Kooperation zwischen Kindertagesstätten und Grundschulen und macht Angebote, die besonders den Übergang der Kinder von der Kita zur Grundschule erleichtern. Wie bei den Lernparties steht im Blickpunkt, bereits in der Kita spielerisches Lernen zu vermitteln. Die Eltern sind über Elternforen in Kita & Co einbezogen.